Ich hatte das ja schon erwähnt, dass hier aus diversen Gründen nicht mehr wahnsinnig viel passieren wird, maximal „dann und wann“ – je nach Lust, Laune und Grund.
Wenngleich meine Laune eine ganz andere ist, gibt es nun einen Grund. Einen schlimmen Grund.
Ich gehe davon aus, dass viele, die sich über die Jahre hierhin verlaufen, gelesen und kommentiert haben, schon einmal über den Namen „Natenom“ gestolpert sind. Andreas Mandalka, ein Fahrradaktivist aus Pforzheim. Natenom, mit dem ich dann und wann sporadisch Kontakt hatte, hat im Prinzip das gleiche gemacht, wie ich: aus (vermutlich) Frust über tägliche Verkehrsdiskriminierung angefangen zu bloggen, irgendwann begonnen, die täglichen Attacken per Video zu dokumentieren und diese dann der Obrigkeit vorzulegen. Die ihn zunächst belächelt, dann ignoriert und zum Schluss, als er zu nervig wird, drangsaliert. Kein öffentliches Interesse. Trotz dutzendfacher, akribischer Beweise.
Der Unterschied zu mir: Natenom zieht das alles durch, fährt, filmt, misst Überholabstände (mit einem selbstgebastelten Sensor), legt vor, bloggt, zeigt an und baut sich zur eigenen Sicherheit und zur Bewahrung des Überholabstandes einen Abstandhalter an sein Fahrrad, was ihm die Polizei schliesslich untersagt. Ich habe vor rund 10 Jahren das letzte mal eine Kamera am Rad gehabt – ich will nicht sagen, dass ich aufgegeben hätte, aber mir war meine Energie schlicht zu schade für einen Kampf gegen die Windmühlen der #autopolizei. Polizei, die im Zweifel mit Handschellen, Pfefferspray und Wumme bewaffnet ist. Natenom sieht das anders, er zieht das akribisch durch, postet gefühlt täglich Horrorszenarien. Bei seinen Schilderungen denke selbst ich manchmal, dass er übertreibt – was sich beim Betrachten seiner Videos dann aber schnell relativiert.
Ich kenne tatsächlich viele von Natenoms täglichen Strecken, ich war einige Jahre in der Kante beruflich unterwegs und habe ein paar tausend Kilometer mit dem Rennrad dort abgerissen. Ich kann zumindest attestieren, dass der gemeine Kraftfahrer in der Gegend „sein Recht“ auch sehr gerne kraft seines Fahrzeugs durchsetzt.
Natenom wurde am 30.1.2024 gegen 19:20 Uhr auf der L574 bei Schellbronn, Baden-Württemberg (Enzkreis), auf der er regelmäßig Fehlverhalten von Kraftfahrern zur Anzeige gebracht hatte, von einem PKW „aus noch ungeklärter Ursache“ von hinten angefahren und getötet.
Es ist wirklich nicht einfach, meinen Zynismus für mich zu behalten und auch nur im Ansatz sachlich zu bleiben. Ich überlasse die Gefühlsausbrüche dann auch Twitter, dort geht man mit der Polizei Pforzheim nicht gerade zimperlich um, hier findet sich die Unfallmeldung.
Ein Video vom Unfallort mit unkommentierten und sehr detaillierten Bildern gibt es im YouTube Kanal von „Einsatz-Report24“. Triggerwarnung: ich empfinde die Bilder als schockierend und auch, wenn ich immer versuche, ein Mensch zu sein, der frei von Hass ist: es fällt hier wirklich schwer. Weitere, Dutzende Artikel finden sich in aller Breite von Spiegel bis T-Online, teils mit dem üblichen victim blaming („Radweg nicht benutzt“) und selbst der adfc weist daraufhin, dass Andreas ja „eigentlich immer eine Warnweste getragen“ hat.
Hier findet sich Natenoms Blog. Seine zahlreichen Social Media Postings findet ihr über eine Google Suche. Bezeichnend sein letztes Posting, wohl ca. eine halbe Stunden vor dem Unfall
Bleibt die Frage, ob und wie der Unfall aufgeklärt wird. Und ob und wie es irgendwelche Konsequenzen geben wird, ausser dass ein paar Uninformierte für ein paar Tage mal medienwirksam gegen #autoterror vorgehen, bevor das dann alles wieder im Sande verläuft (etwas, was die Kölner Polizei ja auch gut kann!). Kein öffentliches Interesse. Vermutlich.
[Wie schon länger immer mal wieder angekündigt: hier kommt der erste „Archiv“ Artikel, d.h. ein Beitrag, der nicht mehr wirklich aktuell ist, ggf. erst einmal nur in meinem Kopf existierte und (manchmal aus Zeit- und Mußegründen) einfach noch nicht niedergeschrieben war und dann „unter den Tisch gefallen“ ist.
Dieser Artikel hätte Anfang April 2018 erscheinen sollen. Ich hatte ihn als „Entwurf“ im Backend und kann tatsächlich nicht sagen, warum ich ihn damals nicht veröffentlicht habe – vielleicht wollte ich ihn noch erweitern, vielleicht noch ein paar Fotos machen, vielleicht habe ich es auch einfach nur verschlafen, weil ich viel zu tun hatte. Sehr wahrscheinlich ist tatsächlich, dass ich ihn wegen meines recht kurzfristig anstehenden Umzugs ein paar Wochen später vergessen habe … Wie dem auch sei, vom Prinzip her ist die angesprochene Thematik immer noch aktuell und wird es -leider- wohl auch noch bleiben. ich bin den betreffenden Weg grad kürzlich gefahren und das war tatsächlich ziemlich schrecklich!]
Geisterfahren ist böse. Was der versierte Radfahrer schon lange weiß, spricht sich auch in der normalen Bevölkerung und bei den Dann-und-Wann-Radlern rum: fahre nicht gegen die Fahrtrichtung! Und was schon lange immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt wird und sowieso klar ist, auch: fahre nicht auf Gehwegen!
Die Gründe dafür sind seit Jahrzehnten offensichtlich und werden jährlich in den Unfallstatistiken manifestiert: die Wahrscheinlichkeit, zu verunfallen liegt demnach auf einem linksseitig geführten Radweg rund 12 mal höher als auf der Fahrbahn. Der ADFC Diepholz erläuret das auf seinen Internet-Seiten recht anschaulich und Erika Ciesla referiert über die generelle „Sicherheit“ von Radwegen. Dass Fahrzeugverkehr und Fußgängerverkehr alleine schon wegen der immensen Geschwindigkeitsunterschiede nicht zusammenpassen, sollte eigentlich sowieso klar sein – zumindest, wenn man ein Fahrrad für ein Fahrzeug hält (was es nun mal ist!)
Schlimm genug, dass es (wohl nicht nur) in Köln Altlasten in Form von linksseitig geführten Radwegen, oft genug gemeinsam mit Fußgängern geführt, gibt und unsere Stadtverwaltung mit der „Prüfung auf Radwegebenutzungspflicht“ seit 1998 (!) einfach nicht hinterher kommt: so etwas wird leider sogar immer wieder aktuell und unter Ignorierung der Vorschriften geltender Gesetze und Regelwerke angeordnet!
Neu ist nun allerdings, dass die (Kölner Lokal)Politik nicht nur diese illegalen Maßnahmen unterstützt, sondern -zusammen mit der Stadtverwaltung- gängiges Verwaltungsrecht unterläuft und missachtet, indem sie gegen Bundesgesetze und Verwaltungsvorschriften handelt.
Folgendes ist passiert: auf der Deutzer Brücke wurde vor ein paar Tagen auf der nördlichen Seite per Anordnung durch ein VZ240 („Fußgänger und Radfahrer gemeinsam“) Radfahrern erlaubt, die Brücke auf einem verhältnismäßig schmalen Hochboard gegen die Fahrtrichtung zu queren. Dabei wurde prinzipiell zunächst der Grundsatz „Die Benutzung von in Fahrtrichtung links angelegten Radwegen in Gegenrichtung ist mit besonderen Gefahren verbunden und deshalb aus Gründen der Verkehrssicherheit grundsätzlich nicht erlaubt.“ (Auszug aus der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO)) mißachtet und dann zudem noch einige Vorschriften aus den Regelwerken, wie z.B. den Abständen, die die ERA2010 zur (natürlich zweispurigen!) Fahrbahn vorsieht, komplett ignoriert.
Soweit, so dumm, so normal in Köln: die Stadtverwaltung, bzw. das Amt für Straßen und Verkehrstechnik unter der Ägide des Amtsleiters Klaus Harzendorf, sieht Radverkehr immer noch nicht als „Verkehr“, sondern halt als Fußgänger mit Reifen. Da führt man Fahrräder halt irgendwo lang. Noch dümmer: genau an dieser Stelle hat die Kölner Polizei zusammen mit dem Kölner Fahrradclub vor ein paar Monaten noch Radfahrer gegen die Fahrtrichtung -richtigerweise- kontrolliert und sanktioniert, worüber ich in einem meiner letzten Artikel berichtete. In der Annahme, dass Polizei und ADFC sinnvolle Maßnahmen treffen und sich in ein paar Monaten die Situation nicht grundlegend geändert haben wird, kann mal wohl davon ausgehen, dass Geisterradeln hier -wie vermutet- gefährlich ist und die Anordnung der Stadtverwaltung entsprechend gefährdend und illegal ist. Auf der Deutzer Brücke wurden der Pressemitteilung der Polizei nach übrigens tatsächlich am meisten Geisterradler bei der Aktion angetroffen. Fazit: was vor kurzem noch sanktioniert wurde, ist jetzt also legal!
Es geht aber durchaus noch dümmer, denn nach der Anordnung des VZ240 berichtete -breit angelegt- die Presse darüber und was ich dort las, erstaunte mich doch einigermaßen. Nicht nur, dass die gefährliche Führung des Radverkehrs in den Gegenverkehr als Erfolg verkauft wurde, auch die Gesichter, die dafür stehen, verwirrten einigermaßen: neben ein paar Mitarbeitern des Bauhofs, rief der „Fahrradbeauftragte“ der Stadt Köln, Jürgen Möllers, der gleichzeitig auch für den Verkehrsfluss des MIV zuständig ist (sic!) zur Pressekonferenz, sowie Andreas Hupke, Grüner Bezirksbürgermeister in der BV1. Alle lächelten in die Kamera und preisten die Anordnung des VZ240 als „fahrradfreundlich“ an. Artikel gibt es bei koeln.de, im Kölner Stadtanzeiger (KStA), im Kölner Wochenspiegel, in der Kölnischen Rundschau und bei report-k. Auf den dortigen Fotos sieht man, was die Situation noch verschärft: Pfeiler mitten auf dem Weg und die alte, rote Radwegmarkierung, die zwar nicht gilt, was aber die wenigsten wissen und befolgen und sich und andere somit zusätzlich in Gefahr bringen. Hier die Mitteilung der Stadt Köln dazu, aus dem Büro des „Fahrradbeauftragten“.
Wer als radaktiver Mensch bis hierhin einigermaßen den Kopf schüttelt, der wird sich nun die Haare raufen, denn es geht noch weiter. Die „Grünen in der Bezirksvertretung Köln-Innenstadt“ berichten nämlich nicht nur über das VZ240, sie feiern sich bei Facebook als „zufrieden“ und „glücklich“ auch gleich selbst und das ganz ordentlich.
Unabhängig von dem -ich nenne es mal so- kleinen Shitstorm, den der „wegweisende Moment“ für die Grünen hier bringt (ich bin ganz offensichtlich lange nicht der einzige, der die Führung von Radfahrern in den Gegenverkehr „nicht ganz optimal“ findet), offenbart er noch etwas ganz anderes: in Köln gelten scheinbar eigene Gesetze, an die geltenden Regeln hält man sich jedenfalls nicht!
Das Prinzip ist eigentlich gar nicht so schwer. Vereinfacht ausgedrückt: in Deutschland gelten Bundesgesetze, die u.a. von Stadtverwaltungen ausgeführt werden. Das sind z.B. die Sozialgesetzbücher oder aber eben die Straßenverkehrsordnung (StVO), die -erweitert durch verschiedene Regelwerke- vorgibt, wann ausnahmsweise eine Radwegebenutzungspflicht angeordnet wird, etc. Hierbei gibt es zwar durchaus Ermessensspielräume, die sind jedoch -zumindest theorethisch- recht eng gesteckt und sind pflichtgemäß auszuüben. Deswegen kann man gegen Verwaltungsakte eben auch klagen. Konkret heißt es in der Verwaltungsvorschrift zur StVO u.a.:
Freigabe linker Radwege (Radverkehr in Gegenrichtung)
1. Die Benutzung von in Fahrtrichtung links angelegten Radwegen in Gegenrichtung ist insbesondere innerhalb geschlossener Ortschaften mit besonderen Gefahren verbunden und soll deshalb grundsätzlich nicht angeordnet werden.
2. Auf baulich angelegten Radwegen kann nach sorgfältiger Prüfung die Benutzungspflicht auch für den Radverkehr in Gegenrichtung mit Zeichen 237, 240 oder 241 oder ein Benutzungsrecht durch das Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ (1022-10) angeordnet werden.
3. Eine Benutzungspflicht kommt in der Regel außerhalb geschlossener Ortschaften, ein Benutzungsrecht innerhalb geschlossener Ortschaften ausnahmsweise in Betracht.
Jetzt könnte man anmerken, dass die Fachmenschen vom Amt für Straßen und Verkehrsordnung und aus dem Büro des „Fahrradbeauftragten“ gemäß Satz 2 bestimmt „sorgfältig geprüft“ haben, was ich allerdings -alleine schon aufgrund der Tatsache des dortigen massiven touristischen Fußgängerverkehrs in Sichtweite des Weltkulturerbe Kölner Dom- stark bezweifeln möchte. Die Wahrheit sieht jedoch ernüchternder aus: es wurde abgestimmt!
Aus dem freudigen Facebook-Artikel der Grünen geht es hervor (da ist mir das überhaupt bewusst geworden) und auch im Artikel der Stadt Köln wird es erwähnt, es wurde mit der Anordnung ein „Beschluss der Bezirksvertretung Innenstadt aus dem Herbst 2017 umgesetzt“. Bumm!
In einem Satz zum Mitschreiben: das Verwaltungsrecht sieht vor, dass eine Stadtverwaltung gemäß den rechtlichen Richtlinien prüft, in Köln wird so etwas einfach von der Lokalpolitik beschlossen. Demokratie und Gesetze werden damit schlicht ad absurdum geführt. Kölscher Klüngel. Zur Ehrenrettung der Grünen sei nicht unerwähnt, dass der Beschluss in der Bezirksvertretung einstimmig fiel, die Initiative stammte allrdings von Ihnen (was sie ja auch freudig erwähnen).
Was mich dann noch weiter frustriert, ist eine gewisse Merkbefreitheit der Vertreter der Grünen. Die massive und durchaus sachliche Kritik der meisten Kommentierenden wird zwar zunächst unflätig („hat Trollhausen Ausgang?“), dann aber durchaus doch noch konstruktiv („Die Kritik ist angekommen und wird mit Sicherheit auf der kommenden Fraktionssitzung angesprochen.„) beantwortet. Dennoch wird von „Mehrheiten“ gesprochen und gar nicht verstanden, dass es in Verwaltungsangelegenheiten eben nichts abzustimmen gibt! Und zum guten Schluss werden die Kommentare des Grünen-Vertreters (mk) dann teils wieder kommentarlos gelöscht (was im Thread dann so aussieht, als hätte man einen an der Waffel und würde mit sich selbst diskutieren), na toll! Diskussionskultur geht sicher anders, liebe Grünen! Verwaltungsrecht sowieso!
Trotzdem ich ja nun seit über drei Jahren schon nicht mehr in Köln wohne (was in allen Belangen eine gute Entscheidung und ein massiver Gewinn an Lebensqualität und -stabilität war!), bin ich noch oft genug in der Stadt und oft genug auch mit dem Fahrrad.
Zum einen habe ich Freunde, Radsportkameraden und andere Interessen in und an der Stadt und zum anderen Jobs. Selbst wenn ob der Entfernung das Auto tatsächlich (leider, die ÖPNV-Verbindungen sind indiskutabel) mein Hauptverkehrsmittel zur Arbeit geworden ist, fahre ich, so oft es geht, mit dem Rad. Das will -bei ~100Km Hin- und Rückweg mit ~800Hm- gut überlegt sein, passiert aber immer wieder. Zudem habe ich mir ein gebrauchtes (mittlerweile sogar ein zweites) Faltrad eines bekannten englischen Herstellers zugelegt, das ich öfters mit in den ICE zu Jobs in andere Städte mitnehme – sehr praktisch! Und eines der Bromptons habe ich nun auch immer im Kofferraum, man weiß ja nie, manchmal ergibt sich die Möglichkeit einer Radtour schneller, als man denkt!
Am Sonntag, den 8. August 2021 war so ein Tag, ich arbeitete bei einer TV Show in Ossendorf und zwischen Probe, bzw. Abendessen und Liveshow war massig Zeit. Die Verlockung einer kleinen Spazierfahrt war da und ich entschloss mich, mir ein Eis In Merkenich zu genehmigen, noch ein paar Kilometer am Rhein zu machen und dann zurück zu fahren. Gute 20 Kilometer im Zeitfenster von rund 1,5 Stunden – etwas frische Luft kam mir sehr gelegen!
Ich fuhr von Ossendorf den „Radweg“ des Militärrings in Richtung Rhein. Den Weg kenne ich sehr gut, bin ich ihn doch jahrelang regelmäßig in beide Richtungen von Köln-Mülheim nach Ossendorf und zurück zu Jobs gefahren. Eigentlich schon eine Schande, wie verwahrlost dieser Weg ist – gerade der Militärring rund um Köln könnte eine phantastische Radstrecke durchs Grüne sein, würde man mal etwas Geld in die Hand nehmen und Willen beweisen. An der Kantine vorbei und am „Niehler Ei“ sieht es ähnlich schlimm aus: ein schlechter Weg hinter der Leitplanke, den man sich -trotzdem er viel zu schmal ist- mit entgegenkommenden Radfahrern teilen muss. Immerhin: man sieht die Gefahr kommen! Dann geht es am Hundetrainingsplatz vorbei, über einen Weg, der früher ein reiner Radweg, aber immer zugeparkt war. Nachdem ich das bei Stadt vor Jahren monierte, hat man einfach das Radwegschild entfernt und ihn zur „Straße“ deklariert! Kein Scherz! Darum geht es in einem Artikel, die ich schon seit Jahren im Kopf habe …. Ihr werdet ihn lesen, wenn ich mal Zeit habe!
Ich wollte ja nach Merkenich, musste nun also nach links. Ich hätte bis zum Rhein durch fahren können, da ich dann aber eh wieder auf der Emdener Straße landen würde, entschied ich mich, direkt in diese abzubiegen. Üblicherweise nehme ich auf der Emdener Straße die Fahrbahn (eine meiner früheren regelmäßigen Frühjahrstrainingsrunden, auf der einen Rheinseite flach nach Düsseldorf, auf der anderen Rheinseite zurück, ging hier lang). Der „Radweg“ ist schlicht nicht strassenbegleitend, da er wesentlich von der Fahrbahn abgesetzt ist und auch keinen stetigen Verlauf hat. Und von der Benutzbarkeit spreche ich noch gar nicht.
Heute aber war ich auf Spazierfahrt, ich gondelte auf meinem Faltrad mit 18-20km/h gemütlich Richtung Eisdiele, warum also nicht mal was neues probieren? Ich nahm den östlichen, neben den Bahngleisen verlaufenden, mit VZ241 beschilderten „Radweg“. Schon nach ein paar Metern musste ich erst einmal einem riesigen Busch, der über einen Meter in den Weg gewachsen war, ausweichen. Direkt danach machte sich das nächste Hindernis bemerkbar: Bahngleise! Nun, vor Bahngleisen habe ich wirklich Respekt, denn einer meiner beiden Unfälle in 15 Jahren/140.000km hatte Bahngleise zur Ursache. Die Gleise verliefen nach rechts auf ein Firmengelände, allerdings nicht im 90° Winkel, sondern querten den Weg schräg, ungefähr in 45°. „Dämlich, hier einen Radweg zu bauen“ dachte ich noch und überfuhr die Gleise mit einem Schlenker ungefähr im 90° Winkel. Ein paar Meter weiter gab es die nächsten Gleise, die ich ebenso -natürlich vorsichtig- anfuhr. Eigentlich rollte ich nur und dennoch: mein Hinterrad rutschte nach rechts und ich stürzte auf mein linkes Knie und Hüfte.
Da lag ich nun also auf dem Asphalt und ärgerte mich. Noch bevor ich die Situation analysieren konnte, war ich eigentlich schon gestürzt, denn -was sich dann herausstellte- es handelte sich nicht einfach nur um „ungünstig“ verlaufende Schienen, sondern diese sind auch äußerst unpraktisch angelegt: sie liegen etwas über dem Niveau des Asphalt, d.h. bilden eine Kante und für einen Moment hat man keinen Kontakt mehr zum Weg, was besonders mit kleinen Reifen, wie den 16 Zöllern des Brompton, dafür sorgt, dass man kaum eine Chance hat, sich zu halten. Hier sieht man die Gefahr also tatsächlich nicht kommen! Eigentlich kann man ohne Übertreibung sagen: es handelt sich um eine perfide Todesfalle!
Todesfalle „Radweg“
Fies gestürzt
Ich ärgerte mich einerseits über meine Dummheit, einmal freiwillig einen „Radweg“ benutzt zu haben und andererseits über die Dummheit derer, die solch einen Weg mit VZ241 als „Radweg“, der ja nun einmal bestimmten technischen und Sicherheitsanforderungen genügen muss, ausschildern. Nun gut, über letzteres braucht man sich zumindest nicht zu wundern, das zeigen die Erlebnisse, die ich in diesem Blog über die Jahre immer wieder geschildert habe.
Ich ärgerte mich zudem über meine neuen Designerjeans und -viel wesentlicher- über ein massiv anschwellendes und schmerzendes Knie samt Cut und Schürfwunde. Über die gesundheitlichen Folgen mag ich hier noch nicht weiter berichten, nur so viel: nach einer Woche sind die Schmerzen (und der Schmerzmittelkonsum) immer noch immens. Keine Knochenbrüche, den Rest werden eine MRT und weitere Untersuchungen klären müssen. Und eine längere AU finde ich als Freiberufler letztlich auch nicht so prickelnd.
Ich ärgerte mich so sehr, dass ich zunächst mal Twitter als Ventil bemühte, um meinen Frust mit einem Tweet abzulassen. War ich mir zunächst nicht sicher, ob das ein guter Weg ist, merkte ich sehr bald, dass die kurzfristige Kommunikation auf jeden Fall Erkenntnisse bringt: ich bin lange nicht der erste, der dort verunfallte! Und ich bin vor allem lange nicht derjenige mit den schlimmsten Folgen! Ich postete noch in zwei Facebook Gruppen und fragte in meinen Radsportvereinen nach und binnen 12 Stunden wusste ich schon von ca. 15 Unfällen, die dort passierten! Und schlimmer noch: die Schilderungen lasen sich wie eine Chronologie des Grauens! Eine Dame berichtete von einem Unfall vor zwei Jahren, nach dem sie zunächst drei Monate im Rollstuhl saß und erst kürzlich die letzte Operation über sich ergehen lassen musste. Die Kommentare lesen sich, als würde man die Radfahrer dort absichtlich einfach ihrem Schicksal überlassen: – „Wenn schon die Stadt @Koeln keine Statistik führt, so kann ich immerhin die twitter-interne Statistik um einen „Beinahe-Sturz“ an derselben Stelle bereichern. War sehr knapp damals, seitdem die Stelle nur noch mit größter Vorsicht passiert„, – „Mein Sohn hat sich da auch schon schwer gemault. Ist eine fiese Stelle„, – „Kenne ich. Da bin ich auch mal gestürzt. Hoch gefährlich diese Ecke. @Koeln Bitte Fahrrad gerecht umgestalten.„, – „Da ist mein erster Carbonlenker geschrottet worden.“, – „Genau an der Stelle hat sich mein Sohn auch langgelegt! Kurz vorher ist auch ein anderer Junge dort gestürzt, er saß noch weinend am Wegrand.„, – „Schon einige Jahre her im Winter bei Dunkelheit. Außerdem beim Sturz die gute Adidas Brille verloren.„, – „ich kenne die Stelle, mir selbst ist noch nie etwas passiert, ich habe dort aber mindestens schon drei Unfälle von Radfahrern beobachtet„, „auf dieser straße eine von vielen wirklich doofen stellen ? weder der belag noch die führung des weges ist ungefährlich ? eine schande ! ? gute besserung“, – „Letzten Sommer bin ich dort auch „eingefädelt“ und habe mir beim Abfangen des Sturzes mein Handgelenk verstaucht. Das plötzliche und starke Verdrehen des Lenkers sorgte für einen Riss der Lichtkabel. Vielleicht hätte ich den Sturz vermeiden können, wenn ich darauf vorbereitet gewesen wäre.„.
Neben einigen weiteren, haarsträubenden Kommentaren, gab es dann auch noch diesen:
ich fahre dort regelmäßig entlang. Die Stelle gehört mit Sicherheit zu gefährlichsten auf dem Radweg entlang der Emdener Straße. Der Gleisstrang auf dem Bild ist erst vor einigen Jahren erneuert worden und ist gar nicht regelkonform ausgeführt. Normalerweise müsste dort eine Art U Profil verbaut werden damit es ebenerdig ist. An der Stelle hat man einfach normale Gleise verlegt und den Asphalt drangebastelt. So entsteht natürlich eine gefährliche Kante. Ein paar Meter weiter sind noch 2 Paar Gleise die schon lange nicht mehr genutzt werden. Aber statt Diese zurückzubauen lässt man die Radfahrer darüber hoppeln. Ich kann das ganze Gelaber von dem fahrradfreundlichen Umbau seitens der Stadt nicht mehr hören. Hier in den nördlichen Stadtgebieten sind die Radwege seit den 60er Jahren nur noch vergammelt und voller Schlaglöcher.
Hier bestätigte also jemand genau das, was ich weiter oben schon erläuterte und in meiner Analyse direkt nach dem Unfall feststellte. Fazit: der Weg ist nicht nur unzumutbar und unbenutzbar, sondern die Anordnung einer Benutzungspflicht durch VZ241 ist grob fahrlässig und der Weg ganz sicher ein Unfallschwerpunkt. Und das alles letztlich nur -ich bringe das einfach mal auf den Punkt!- um die Fahrbahn frei von Radfahrern zu halten! Der (Kfz)Verkehr muss schließlich fließen, wenn Ford 2-3 mal am Tag Schichtwechsel hat (mehr ist da eigentlich kaum los). Und exakt das, was Radfahrer hier auf dem Radweg gefährdet, nämlich die Schienen, nimmt man andernorts als Begründung zur Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht (und damit Fahrbahnverbot): eine Gefahrenlage durch Schienen auf der Fahrbahn.
Ich setzte ein Schreiben an die Polizei Köln und die Stadtverwaltung, sowie an den Amtsleiter Klaus Harzendorf und den „Fahrradbeauftragten“ Jürgen Möllers auf. Durchschläge gingen an den adfc und an einige Lokalpolitiker zur Kenntnisnahme:
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Harzendorf, Lieber „Fahrradbeauftragter“:
am 8. August 2021 befuhr ich mit meinem Fahrrad den „Radweg“ der Emdener Straße von „Niehler Ei“/Bremerhavener Straße aus kommend in Richtung Fordwerke. Der „Radweg“ ist mit VZ241 als benutzungspflichtig angeordnet.
Ich befand mich auf „Spazierfahrt“ in sehr gemäßigtem Tempo und stürzte gegen 20:00 Uhr ungefähr hier: https://goo.gl/maps/Z9Nsy8FAFj48K97Z9 durch die dort schräg über den „Radweg“ verlaufenden Gleise. Ich verletzte mich hauptsächlich am linken Knie, neben Schürfwunden und einem Cut sind vermutlich (an)gerissene Bänder, ggf. auch ein Knochenschaden zu befürchten. Nach Rücksprache mit meinem Arzt kann ich wahrscheinlich morgen früh eine genaue Diagnose erwarten.
Ich habe die Emdener Straße zwar schon öfters mit dem Rad befahren, allerdings befahre ich dort üblicherweise die Fahrbahn, ich habe gestern das erste Mal den „Radweg“ benutzt. Dieser entspricht nicht im Ansatz den Anforderungen der StVO, VwV-StVO, ERA2010 und weiterer Regelwerke, die für die Stadt Köln verpflichtend und deren Einhaltung für die Sicherheit der Radfahrenden unerläßlich sind. Die Gleise am Unfallort sind so angelegt, dass der „Radweg“ quasi „drum herum“ geteert wurde und sie entsprechend etwas höher -anstatt leicht versenkt- sind, was weder zu erwarten, noch ersichtlich ist und dazu führt, dass man selbst bei gemäßigter und angepasster Geschwindigkeit (ich fuhr ca. 15 km/h) leicht rutscht und stürzt – salopp gesagt, ist diese Konstruktion selbst für mich als versierten Radfahrer eine perfide Falle.
Der „Radweg“ ist mit VZ241 als benutzungspflichtig angeordnet, trotzdem dies eine Fahrbahnnutzung nicht untersagt (der „Radweg“ ist im Verlauf teils so weit abgesetzt, dass er nicht mehr strassenbegleitend ist), so muss der „Radweg“ in einem benutzbaren Zustand sein und ich als Verkehrsteilnehmer darauf vertrauen können, dass er gefahrlos, der Situation angepasst, befahrbar ist. Der „Radweg“ entspricht darüber hinaus auch im weiteren Verlauf nicht im Ansatz den gängigen Anforderungen der aktuell gültigen Regelwerke.
Eine (selbstverständlich nicht repräsentative) kurzfristige Umfrage in sozialen Netzwerken und meinen beiden Radsportvereinen hat ergeben, dass ich nicht der einzige bin, der hier schon verunfallte. Mir sind bis jetzt rund ein Dutzend Unfälle und Fastunfälle (incl. Körper- und Sachschäden) bekannt, von denen jedoch die wenigsten zur Anzeige gebracht worden sein dürften (da Alleinunfälle) und die entsprechend nicht in der Statistik erfasst wurden. Man kann hier sicherlich von einem Unfallschwerpunkt sprechen.
Ich stelle hiermit Strafanzeige mit Strafantrag gegen die für den Zustand des „Radweges“ und die fahrlässige Beschilderung verantwortliche Behörde.
Ich fordere die Polizei und die Straßenverkehrsbehörde der Stadt Köln auf, eine Verkehrsschau gemäß VwV-StVO und weiterer Regelwerken am Unfallort und im weiteren Verlauf der Radverkehrsführung vorzunehmen. Die Voraussetzungen hierfür (Hinweis aus der Bevölkerung auf Unfallschwerpunkt) sind gegeben. Bitte unterrichten Sie mich über die Erkenntnisse dieser Verkehrsschau. Als sachkundiger Bürger stehe ich Ihnen gerne für die Verkehrsschau zur Verfügung. Hinweisen nach gibt es auch auf der anderen Strassenseite in Gegenrichtung vergleichbare Situationen. Bitte ziehen Sie auch diese in Ihre Untersuchungen mit ein.
Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen behalte ich mir ausdrücklich vor.
Mit freundlichen Grüßen,
Marco Laufenberg
Soweit, so gut. Die Kölner Stadtverwaltung und ganz besonders das Amt für Straßen und Verkehrstechnik unter Herrn Harzendorf, sitzt solche Dinge üblicherweise in Kohlscher Manier aus – der „Fahrradbeauftragte“ Jürgen Möllers kümmert sich ja lieber um seine Zählstellen (Blitz! Donner! Auftritt Graf Zahl! Lautes Lachen!) und die Umwidmung von Feldwegen zu Fahrradstraßen zum Aufhübschen seiner Arbeitsnachweise Statistiken. Insofern habe ich keine schnelle Antwort, zumindest nicht bis zum Auffahren schwererer Geschütze erwartet. Aber doch: direkt am nächsten frühen Morgen schon bekam ich eine e-Mail von Herrn Hoppe von der Direktionsführungsstelle Direktion Verkehr der Polizei Köln! Sicherlich nicht ohne Stolz konnte mir Herr Hoppe mitteilen, dass die Örtlichkeit „von der Polizei jüngst als Unfallhäufungsstelle (UHL) identifiziert und in der letzten Unfallkommissionssitzung besprochen“ wurde. „Nähere Informationen zum Beschluss der Unfallkommission Köln“ könne ich „bei der Stadt Köln erfragen.“
Und selbstverständlich teilte mir Herr Hoppe auch mit, dass und wie man bereits aktiv geworden wäre, denn „die Stelle ist,“ wie ich den beigefügten Bildern entnehmen könne, „als Gefahrenstelle festgestellt und entsprechend ausgeschildert.“
Ok, ganz klar, mein Fehler!
Ein Schild regelt alles! (Quelle: Screenshot e-Mail Polizei Köln)
Unabhängig von der Tatsache, dass das Schild „Radfahrer absteigen“ rechtlich überhaupt gar keine Relevanz hat (ich bin dann auch gar kein Radfahrer mehr), war es mir tatsächlich nicht aufgefallen, da ich vermutlich an der Stelle (es steht ca, einen Meter vor der ersten Gleisquerung) noch mit dem in den Weg wachsenden Busch und mit der Konzentration auf die Querung des ersten Gleises beschäftigt war. Dazu kommt, dass es das Zusatzschild nach Verkehrszeichenkatalog gar nicht gibt. Ich habe es zumindest nicht gefunden.
Erschreckend, aber in Köln letztlich auch nicht anders zu erwarten, dass die Verantwortlichen letztlich der Meinung sind, man könne irgendein Schild aufstellen und die Radfahrer ihrem Schicksal überlassen, anstatt die Gefahrenstelle zu entschärfen (oder, wie ich es in diesem Fall empfehlen würde: den Weg schlicht für Radfahrer zu sperren!). Daher setzte ich ein weiteres Schreiben auf, dieses mal richtete ich es auch noch an Sabine Bongenberg, die Leiterin der Unfallkommission des Amtes für Straßen und Verkehrstechnik der Stadt Köln. Schließlich hatte diese ja laut Herrn Hoppe den Beschluss der Beschilderung als „Entschärfung“ der Unfallstelle gefasst, da müsste Frau Bongenberg ja also irgendwie beteiligt gewesen sein:
Sehr geehrter Herr Hoppe, sehr geehrte Damen und Herren (zur Kenntnisnahme):
herzlichen Dank für Ihre Genesungswünsche, die Schmerzen sind mit den Schmerzmitteln gerade noch auszuhalten. Alles weitere erfahre ich in Kürze von den Ärzten.
Wenn ich es nicht besser wissen würde, würde ich meinen, Sie möchten mich mit Ihrem Schreiben auf den Arm nehmen.
Ich gehe nicht davon aus, dass die Führung der VI der Polizei Köln wirklich der Meinung ist, eine für Radfahrende lebensgefährliche Verkehrsführung sei mit dem Aufstellen eines Schildes samt Zusatzschildes (das ich so übrigens nicht im VzKat finden konnte) bereinigt. Dies sehen selbstverständlich die verpflichtenden Regelwerke so auch nicht vor, es kann sich also nur um ein Versehen handeln.
Bitte bestätigen Sie mir noch den Eingang meiner Strafanzeige/Strafantrag. Sollte die VI tatsächlich Mitverantwortung an der Verkehrsführung, bzw. das Unterlassen der Bereinigung der Gefahrenlage haben, erweitere ich meine Anzeige gegen diese.
Die Vertreter der Stadt Köln bitte ich freundlichst um Akteneinsicht über die Ergebnisse der Unfallkommission, die Herr Hoppe angesprochen hat. Ich bitte außerdem um Akteneinsicht gemäß IFG NRW in folgende Akten:
– Es soll ersichtlich werden, wann die Verkehrsschau stattgefunden hat und wer daran teilgenommen hat
– Es soll ersichtlich werden, was die konkreten Ergebnisse der Verkehrsschau waren.
– Es soll ersichtlich werden, was für Unfälle am Unfallort in den letzten 5 Jahren passiert sind.
– Es soll ersichtlich werden, wann und auf welcher gesetzlichen Grundlage der „Radweg“ mit VZ241 beschildert wurde und was die Begründung für die Anordnung war.
Ich wünsche, die Informationen niedergeschrieben, aufbereitbar und nachvollziehbar zu erhalten. Dies nach Ihrem Gusto per Post an meine Adresse oder per e-mail. Aus Umweltschutzgründen würde ich die elektronische Variante präferieren.
Ich gehe selbstverständlich davon aus, daß es sich um einfache Akteneinsichten handelt, die gebührenfrei sind.
Mit freundlichen Grüßen,
Marco Laufenberg
Soweit so gut. Erwartungsgemäß habe ich seitdem nichts mehr gehört und erfahrungsgemäß wird die Stadt Köln sich erst einmal Zeit lassen und mit ziemlicher Sicherheit die Frist von 30 Tagen bzgl. meiner Anfrage nach Akteneinsicht gemäß IFG NRW überschreiten und somit zum wiederholten Mal gegen dieses Gesetz verstoßen.
Ich bin wirklich sehr gespannt, wann die notwendige Verkehrsschau stattgefunden hat und wer daran teilgenommen hat!
Ich habe übrigens tatsächlich auch eine freundliche Rückmeldung aus der Politik erhalten, man wolle sich der Sache annehmen und sich kümmern. Ich bin gespannt!
Ich halte Euch natürlich auf dem Laufenden, sollten hier Menschen mitlesen, die dort ebenfalls verunfallten, bitte ich für die Statistik um Nachricht in den Kommentaren oder per e-mail. Auf Wunsch gehe ich da natürlich vertraulich mit um!
P.S.: ein paar Tage später habe ich mir die Unfallstelle, bzw. die Wegführung/Beschilderung nochmal angeschaut (mit dem Auto, Fahrrad fahren ist ob meiner Verletzungen leider erstmal nicht drin) und ein paar Fotos gemacht. Interessant ist, dass die Beschilderung doch etwas anders ist, als auf den Fotos, die Herr Hoppe mir schickte, ersichtlich ist. Zusätzlich gibt es jetzt ein Andreaskreuz. Ausserdem steht das Gefahrenschild auch in Gegenrichtung, obwohl der „Radweg“ m.W. gar nicht in Gegenrichtung befahren werden darf. Man sieht auch, dass (wie mir bereits jemand erzählte) da früher wohl mal Pfeile aufgemalt waren, wie man die Schienen am besten queren soll. Das muss man sich mal vorstellen!
Seit März dreht sich die Welt anders als sonst. Es erscheint sehr sinnvoll, dass wir uns von anderen, haushaltsfremden Menschen fernhalten. Das fällt vielen Menschen -auch mir- durchaus grundsätzlich schwer und alleine durch die Tatsache, dass die Gefahr nicht direkt sicht- und greifbar ist, wird das notwendige „physical distancing“ noch irrationaler, als es schon ist. Wir wollen mit anderen Menschen unterwegs sein, aber wir sollten es besser nicht!
In solchen Zeiten eine Critical Mass zu bilden, ist unvernünftig!
Seit März gibt es regelmäßig, gegen Ende des Monats in Social Media, per e-Mail und auch hier Anfragen und Diskussionen. Das reicht von „wir können doch fahren, oder?“ über „wir haben ja jetzt lange genug gewartet“ bis hin zu „das ist doch eh alles nur Panikmache!“ Und natürlich gibt es Spitzfindigkeiten, wie man die CoronaSchVO „austricksen“ kann – witzigerweise oftmals von Menschen, die den „Vater“ dieser Verordnung, den Ministerpräsidenten des Landes NRW, Armin Laschet, der sich ja eher für Lockerungen eingesetzt hat, normalerweise für nicht gerade den Fähigsten halten. Dazu kommen Anfragen von Pressevertretern, die ganz unverhohlen nachfragen, „wo und wann“ denn am Freitag „die größte Gruppe im Bild zu sehen sein wird.“, um tolle Bilder für ihre Reportage über den „Fahrradboom“ zu haben.
„Wir“, nämlich die Menschen, die sich regelmäßig als Critical Mass mit hunderten im öffentlichen Raum und Straßenverkehr bewegen, beziehen uns -berechtigterweise- auf Gesetze und Regeln, z.B. die Verbandsregel nach §27 der StVO (Straßenverkehrsordnung), obwohl uns regelmäßig -auch von der Polizei- vorgeworfen wird, wir würden etwas verbotenes tun (was nachweislich nicht der Fall ist). Wir verhalten uns ausnahmslos gesetzestreu und regelkonform und genau das sollten wir jetzt auf jeden Fall auch tun. Und in jedem Fall sollten wir darüber hinaus vorsichtig und vernünftig sein!
DieCoronaSchVO NRW lässt in §13 unter bestimmten Voraussetzungen zwar durchaus Spielraum für Gruppenfahrten zu, allerdings sind dies eben Spitzfindigkeiten – wer will tatsächlich behaupten, dass in einer Verbandsfahrt mit Fahrrädern ein Mindestabstand von 1,5 Metern permanent eingehalten werden kann? Und selbst wenn: ist das dann überhaupt noch ein *geschlossener* Verband?
Der Befund dieser aufwendigen Studie besagt, dass der bisher vorgegebene Mindestabstand von 1.5 Meter beim Radfahren/Laufen anscheinend bei weitem nicht ausreicht um eine Infizierung mit dem Covid-19-Virus auszuschließen. Für Sportler, die hintereinander Laufen/Radfahren ist das Infektionsrisiko demnach deutlich größer als für jene, die nebeneinander unterwegs sind. Die Empfehlungen der Forscher lauten: Spaziergänger sollten mindestens vier bis fünf Meter Abstand zu dem nächsten Menschen vor sich lassen, Läufer und langsame Radfahrer rund zehn – und sportive, schnelle Radfahrer 20 Meter.
Zehn Meter Abstand werden also empfohlen (hier gibt es noch ein Video, wo die Studie erläutert und auch visualisiert wird). In meinen beiden Radsportvereinen gibt es keine Fahrten >12 Leute und selbst da werden die Daten zur Rückverfolgung erhoben (man trägt sich vorher online oder vor Ort in eine Liste ein), obwohl wir uns alle kennen. Wie soll man das bei einer Critical Mass handhaben, wenn man vernünftig sein will?
Lasst uns also einfach vernünftiger sein, als unser Ministerpräsident und derzeit keine Massen bilden!
Aber davon abgesehen: ich bin kein Virologe, ich habe keinen Sachverstand, außer meiner Intelligenz und einer Allgemeinbildung und kann das oben erläuterte und verlinkte letztlich nur glauben, weil es logisch erscheint und weil ich davon ausgehe, dass die Wissenschaftler ihr Handwerk verstehen und ihrer Profession gerecht werden. Ich möchte allerdings allen, die der Meinung sind, „man kann ja trotzdem fahren“ noch einmal folgendes zu denken geben:
Habt ihr Menschen in Eurer näheren Umgebung, die an Covid-19 gestorben sind (bei mir sind es zwei. Jung, keine Risikogruppe, tot)?
Kennt ihr Menschen, die in unserem (wie ich finde durchaus hervorragenden) Gesundheitssystem arbeiten und ab März (genügende auch schon vorher) überlastet waren?
Kennt Ihr Menschen, die z.B. in der Veranstaltungsbranche o.ä. arbeiten und einen zweiten Lockdown schlicht (mindestens wirtschaftlich) nicht überleben werden? (ich kenne Dutzende, die eigentlich jetzt schon nicht überleben. Und ich kenne einen, den das gar in den Suizid getrieben hat)
Aber andere Städte fahren doch auch? Bonn, Wuppertal, Düsseldorf! Ja. Aber wir sind die Guten! Wir sind nicht Düsseldorf!
Mir ist klar, dass genügend Menschen in unserer Bewegung ihren Spaß über alles stellen, leider. Dennoch wage ich einen Appel an die Vernunft: Ich denke, wir sollten unseren Aktivismus, unseren Spaß und -ja- auch unseren Egoismus mal für eine Weile hinten anstellen. So rein aus Vorsicht, rein als Zeichen, „wir sind die Guten“! Gerade in Momenten, wo restriktive Polizei genau das erwartet, dass wir Regeln brechen, dass wir unvernünftig sind, können wir zeigen, dass „wir“ eine Verantwortung für ALLE übernehmen (wollen)! Wir müssen eben nicht jedes Schlupfloch ausnutzen, sondern wir können deutlich zeigen: „besser erstmal vorsichtig„! Die Außenwirkung hunderter Radfahrer als Gruppe in einer Zeit, in der viele Menschen teils große Entbehrungen für sich und die Allgemeinheit auf sich nehmen müssen, ist ein Bärendienst für die Critical Mass Bewegung. Sie kann uns schnell in ein Licht der Unverantwortlichkeit stellen.
Und selbst wenn der Fall unwahrscheinlich ist oder erscheint, ein Infektionsherd auf einer Critical Mass (egal wo) wäre für die gesamte Bewegung ein GAU, ein Stigma, dass man kaum wieder weg bekommt. Exakt das wird riskiert, wenn wir fahren, als würde es diese Pandemie gar nicht geben. Dazu kommt: die Polizei, die uns ja nun seit einiger Zeit begleitet (obwohl wir das weder wollen, noch dass es überhaupt nötig wäre!), wovon wir sie kaum abhalten können, kann sich besser auf sinnvollere Maßnahmen konzentrieren: Menschenmassen an den Kölner Ringen, am Rheinboulevard und an anderen Hot Spots. Diese nötigen Kräfte (übrigens Menschen, die einen wichtigen Job machen!) müssen wir nicht auch noch bündeln, wenn wir eben vernünftig sind.
Ich halte ich es für wesentlich sinnvoller, ein paar Monate auf seine Beweggründe zu verzichten, um dann eben -und wenn es erst nächstes Jahr ist- massiv Präsenz zu zeigen: „seht her, wir waren vernünftig und gehen Euch genau jetzt mehr denn je auf die Nerven!“
Deswegen; fahrt Fahrrad, aber fahrt möglichst alleine!
Wer in den letzten Jahren bei der Critical Mass Köln mitgefahren ist, der kann den Eindruck gewinnen, die Kölner Polizei sei besonnen, kooperativ und „für uns da“. Denn, sie fährt da mit, sogar auf Fahrrädern und „beschützt“ uns vor bösen, bösen anderen Verkehrsteilnehmern. Mit einigen Beamten ist man während der gemeinsamen Ausfahrt gar beim kumpelhaften „Du“. So weit, so schön, so idyllisch.
Die Wirklichkeit sieht etwas anders aus, denn der Grund für diese vermeintliche Kooperation ist schlicht der, das man nicht anders kann. Die Bilder aus dem Juni 2015, als die Polizei Jagd auf unbescholtene Radfahrer machte, Grundrechte von Bürgern verletzte und alles andere als kooperativ war, zeigten nicht gerade ein gutes Bild vom „netten Freund und Helfer“. Und wie der Teufel das Weihwasser, so scheut die Kölner Polizei schlechte Presse, also musste man an der Aussenwirkung wohl etwas feilen.
Was die wenigsten derjenigen, die die Polizei bei der CM als freundlich empfinden, wissen, ist die Tatsache dass , nachdem die Strafanzeige gegen mich damals von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, immernoch jeden Monat eine „Anzeige gegen Unbekannt“ gestellt wird – wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (was schlichtweg Quatsch ist). Das gilt wohl mutmaßlich der Machtdemonstration.
Die Krönung gab es dann aber heute! In den Krisenzeiten, in denen es nicht nur unerlässlich, sondern seit ein paar Tagen auch angeordnet ist, daß man keinen Kontakt mit anderen Menschen hat (was ich persönlich nicht nur richtig finde, sondern bereits seit vor der Anordung so handhabe), haben alle Kanäle der Critical Mass Köln (Facebook Gruppe, Facebook Seite, Twitter, Website – alle von verschiedenen Menschen, letztere von mir, betreut) bereits vor längerer Zeit -um den 13. März 2020 herum- aufgerufen, im März 2020 KEINE Critical Mass zu fahren. Hier der Text, versehen mit den Hashtags #inköllezehus und #staythefuckathome
Liebe Leute,
wie Ihr wißt, ist die CM keine Veranstaltung. In Zeiten des um sich greifenden Corona-Virus können wir eine solche also auch nicht absagen.
Da Menschenansammlungen wegen Ansteckungsgefahr untersagt sind, wird im März 2020 keine CM möglich sein, die ja ohnehin niemand veranstalten würde.
Deswegen: Bleibt zuhause, haltet Abstand, und wenn ihr rausgeht: Auf keinen Fall mit mehr als 2 Menschen, am Besten nur mit denen, mit denen ihr zusammenwohnt.
Bleibt gesund!
Die Kölner Polizei erdreistet sich heute, 27. März 2020 (also dem Tag, an dem die CM Köln gefahren worden wäre) folgendes kundzutun:
Critical Mass Köln
In den sozialen Netzwerken gibt es vereinzelte Aufrufe zur „gemeinsamen Radfahren“ am heutigen Freitag im Rahmen der sogenannten Critical Mass. Die Polizei Köln macht ausdrücklich darauf aufmerksam, dass in der Öffentlichkeit Ansammlungen von mehr als zwei Personen untersagt sind und appelliert an mögliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer davon Abstand zu nehmen um mögliche Bußgeld- oder Strafverfahren zu vermeiden.
Zeigen Sie Verantwortung – bleiben Sie zu Hause – gefährden Sie nicht sich, uns und andere.
Das muss man sich also auf der Zunge zergehen lassen, während die Bewegung sich klar und deutlich von gemeinsamen Ausfahrten distanziert und dazu aufruft, „zehus“ zu bleiben, behauptet die Kölner Polizei, es würde „zur Critical Mass“ aufgerufen. Was schlicht nicht stimmt, es ist gelogen! Eine perfide Taktik, die Critical Mass in Misskredit zu bringen (was perfekt funktioniert, wenn man sich einmal die Kommentare bei Facebook durchliest (dabei bitte ruhig bleiben!)) und den #scheissradfahrern eins auszuwischen. Das macht wütend!
Immerhin, ich bin nicht der einzige, der sich über die Taktik der Kölner Polizei empört, neben vielen Radfahrern aus der „Community“, sind das auch Menschen von „außerhalb“, so z.B. die Journalisten von Report-K, Kölns Internetzeitung, die in einem sehr lesenswerten Artikel absolut sinnvoll abschließen:
Die Kölner Polizei verhält sich mit solchen Postings zunehmend als politisch und meinungsbildender Akteur. Eine Rolle, die die Verfassung und das Polizeigesetz NRW ihr nicht einräumt. Ganz im Gegenteil, als staatliche Organisation ist sie zu absoluter Zurückhaltung aufgefordert.
Mein Gott, über zwei Jahre ist er nun her, der letzte Artikel – im Dezember 2017 war das!
Und wahrlich, es ist viel passiert seither! Neben der Tatsache, dass dieser Blog zwischenzeitlich (im August 2018) zehnjähriges Jubiläum gefeiert hat (was ich damals sicherlich nicht gedacht hätte), viel spektakuläres in meinem Leben, dazu weniger spektakuläres und ganz zweifelsohne auch ein paar blöde Sachen! Und genügend Leute haben nachgefragt, per e-Mail, social media oder -ganz old school- persönlich: „wann kommt mal wieder ein Artikel?“ und „geht’s denn weiter mit dem Blog?“ oder einfach, „alles in Ordnung mit Dir?“. Nun, um die Frage direkt zu beantworten: Natürlich geht es weiter! Nur ganz sicher in einer anderen Form als in der letzten Dekade und das hat seine Gründe.
Andere Plattformen Zunächst muss man sich als Blogger ganz banal die Frage stellen: ist so ein Blog noch zeitgemäß? Klare Antwort: jein! Viel Inhalt (und Diskussion) hat sich auf andere Kanäle verschoben, hauptsächlich Facebook und Twitter. Der Vorteil liegt klar auf der Hand: schnelle Verbreitung von Inhalten und zügige Diskussion. Der Shitstorm bei Polizei oder Stadt und entsprechende öffentliche Wirkung und Reaktion bringt weitaus schneller ein Ergebnis, als wenn ein journalistischer Blogger Anfragen stellt, die in einem muffigen Büro mit der Schreibmaschine eingetippt beantwortet und dann als Scan per e-Mal versendet werden (kein Scherz!).
Aber auch die Nachteile leuchten ein: social Media Diskussionen können schnell ausarten, persönlich, unsachlich und themenfremd werden und sind schwer (aber nicht unmöglich) zu moderieren. Ausserdem sind sie kurzlebig, während so ein Blog (wenn man sich richtig anstellt) ein Leben lang existieren und als Archiv dienen kann. Insofern ist es sicherlich nicht unsinnig, zweigleisig zu fahren: den Blog für fundierte, recherchierte und gut belegte Artikel und Social Media für die Dinge, die schnell gehen und manchmal auch schnell gehen müssen. Ich gebe zu, ich bin (mittlerweile) zumindest privat nicht mehr so sehr aktiv, nehme aber durchaus an der ein oder anderen Diskussion teil und informiere mich natürlich über Begebenheiten aus der Welt des Radfahrens und der Verkehrspolitik. Hauptsächlich in der Facebook Gruppe der Critical Mass Köln und ein wenig auch auf Twitter. Bezeichnend, daß es neuerdings gar eine Gruppe auf Facebook gibt, die den Namen dieses Blogs trägt ;-). Was inhaltlich daraus wird? Da schauen wir mal!
Eine paar private Pausen – Teil 1 Der erste Grund für die lange Pause ist alles andere als schön. Angeklungen ist er hier und auf anderen Kanälen bereits, am Ende war er dann aber doch intensiver und schmerzhafter als gedacht und zunächst berichtet.
Das Jahr 2017 startete eigentlich sehr fein. Wie immer in den letzten Jahren nahm ich mir über den Jahreswechsel eine sonnige Auszeit in südlichen Gefilden mit einem Rennrad unter dem Hintern, lies es mir gut gehen und schrubbte dabei ordentlich Kilometer. Ich war mit meinen mittlerweile 15-18.000 Jahreskilometern wirklich fit, für mein Alter sowieso. An Pfingsten reiste ich mit zwei Freunden nach Südfrankreich und bezwang den Mont Ventoux. Nicht einmal, sondern dreimal und zwar alle drei Anstiege an einem Tag. Macht man und dokumentiert man das, ist man Mitglied im „Club des Cinglés de Mont-Ventoux„, dem „Club der Verrückten“ – ich bin Nummer 10798!
Nach diesem radsportlichen Wochenende der Superlative (wir sind noch zwei weitere sehr schöne Touren gefahren) ging es nahtlos weiter: ein Sportskamerad eines Freundes hatte einen schweren Unfall gehabt und sein Startplatz beim Traditionsrennen „Rund um Köln“ war vakant. Ich bin kein großer Freund von Radrennen Schulter an Schulter, da kann einfach viel zu schnell durch Unachtsamkeit (auch anderer) etwas passieren. Nervenkitzel, den ich nicht brauche und ich muss sowieso auch nicht „der schnellste“ bei irgendwas sein. Veranstaltungen wie das 24 Stunden-Rennen „Rad am Ring“ liegen mir da eher, weil man zwar mit anderen auf der Strecke, aber letztlich alleine sein eigenes Tempo fährt. Dort war ich mehrmals im 2er Team gestartet, in 2016 hatten Michael und ich mit 25 Runden über den Nürburgring Platz 17 und in unserer Altersklasse Platz 9 geschafft. Für zwei ehemalige Kettenraucher ganz in Ordnung!
Nun, der „RuK“ Startplatz war in Block B, das ist recht weit vorne, wo doch eher versiertere Fahrer zu finden sind, es war „nur“ die 65km Strecke und die Wettervorhersage war blendend. Ich sagte zu und fuhr somit für Marcel Wüsts „Casa Ciclista“ Team. Am Anfang schaute ich mir das alles mal ruhig an und rollte aufmerksam mit (viele Unfälle passieren direkt im Rheinufertunnel oder auf der Mülheimer Brücke), ohne in bedenkliche Situationen zu kommen. Hinter Leverkusen, in Richtung Altenberg, griff ich an. Ich schloss Löcher, zog eine Meute Richtung Bergisches Land, erstürmte das Kopfsteinpflaster am Bensberger Schloss und fuhr so langsam in den A-Block. Selbst den Wahnsinn, nur eine Flasche mitgenommen zu haben, konnte ich kompensieren, indem ich -ganz profilike- beim Angebot einer Trinkflasche eines älteren Herrn am Straßenrand beherzt zugriff. Der Mann hat mich schlicht gerettet! Am Ende standen irgendeine Platzierung (weiß ich nicht mehr), ein Schnitt von rund 39km/h und jede Menge Spaß bei einem großartigen Radsportfest zu Buche. Ganz ok für einen ehemaligen Kettenraucher. So konnte das Jahr jedenfalls weitergehen! Ging es aber leider nicht.
Im Juni war ich beruflich für rund zwei Wochen in Karlsruhe. Ich bin öfters in der Gegend um Karlsruhe und Baden-Baden und habe die Gegend als außerordentlich feines Radsportrevier kennengelernt. Für anspruchsvolle Touren ist man schnell im nördlichen Schwarzwald und wenn die Beine müde sind, kann man gute Kilometer in der Rheinebene machen oder mal schnell nach Frankreich ins Elsaß. Die gute Küche und Einkehrmöglichkeiten tun ihr übriges dazu. Das macht alles sehr viel Spaß! Somit habe ich in dieser Gegend also so oft es geht ein Rennrad dabei, so auch dieses mal. Ich musste immer erst gegen 17:00 Uhr zum Job an der Location sein, hatte also tagsüber Zeit für eine Tour, die auch schonmal an der 100km Marke kratzen konnte. An diesem Tag war ich mit einem rennradfahrenden Kollegen schon morgens unterwegs auf eine Tour mit reichlich Höhenmetern. Trocken gesagt habe ich ihn an jedem Anstieg „versägt“ – ich war wirklich fit und wollte mir noch etwas Feinschliff für das „Rad am Ring“ Event ein paar Wochen später holen.
Nachts für ich dann üblicherweise natürlich mit dem Rad von der Location zu meinem Hotel, so auch an diesem Tag. Was dann geschah, passierte letztlich in ein paar Sekundenbruchteilen, dennoch ist es in meinem Kopf gespeichert, wie ein Spielfilm in Zeitlupe. Ich befuhr den „Radweg“ an einer Landstraße zwischen Rheinstetten und Ettlingen (bei Silberstreifen). Er ist knapp 2m breit und befindet sich hinter einer Leitplanke. Er ist asphaltiert und eigentlich ganz gut zu befahren, zumindest bis zu den Kreuzungen (an denen man als Verkehrsteilnehmer dritter Klasse, wie in dieser Gegend üblich, umständliche Kurven zu fahren und zudem ausnahmslos „Vorfahrt achten“ hat.
Ich fuhr also zügig die 7km zum Hotel und freute mich auf mein Bett. Es kam mir auf einer langen Geraden ein Kfz entgegen, mit Fernlicht, wie hier leider meist üblich, zudem eines von diesen unfassbar grellen Xenon-Fernlichtern. Dieses ging kurz aus und dann: wieder an! Ich war komplett geblendet, während ich mit über 30 km/h unterwegs war. Wer schonmal auf einem Fahrrad (oder auch nur zu Fuß) die Augen zugemacht und versucht hat, geradeaus zu fahren oder zu gehen, der weiß, daß der menschliche Gleichgewichtssinn so nicht mehr so gut funktioniert. Nach ca. 5 Sekunden Blindflug kam ich schließlich mit dem Vorderrad ins Bankett, ich war unmerklich nach rechts abgekommen. Und ein Gebüsch bei der Geschwindigkeit, da hältst Du Dich nicht so einfach auf dem Rad. Ich stürzte wie in Zeitlupe. Mustergültig ausgeklickt, die Beine nach oben über den Lenker weg, fiel ich sauber auf auf den Hintern. Noch bevor ich den Mittelfinger meiner rechten Hand in Richtung Kraftfahrer -der nun knapp an mir vorbei war und mich gesehen haben musste- recken konnte, wusste ich: der linke Arm ist gebrochen. Glatt durch. So lag ich also auf dem Boden, kaum Schmerz empfindend, aber reichlich geschockt und verärgert. Ich lebte und nach dem Check meiner Extremitäten wußte ich, ich würde das wohl auch überleben. Rein praktisch war mir klar: ich lag mitten im Wald, ohne Hilfe (der Kraftfahrer, der mich gesehen haben MUSS, hielt nicht an). Bis zum Hotel waren es noch drei Kilometer, dort würden mir Kollegen, die mit einer Feierabendschorle vor der Tür standen, zur Hand gehen. Also stieg ich auf mein Rad (bis auf zwei kleine Kratzer an Pedale und Lenkerband nichts dran – ich fahre es heute noch), ließ den linken Arm runterbaumeln und fuhr (wie ich nach Auswertung meines Garmins weiß, sogar recht flott) zum Hotel. Der Anblick muss mehr als skurril gewesen sein. Teils kreidebleiche Kollegen holten mich vom Rad, riefen den Krankenwagen und packten ein paar Sachen für den Krankenhausaufenthalt. Das war’s mit dem Radsportjahr 2017, das wußte ich da aber noch nicht.
Anekdoten aus Krankenwagen und Krankenhaus gibt es zuhauf. Der Sanitäter im RTW fragte mich gottseidank, „oder machen sie Ausdauersport?“. Er hatte bei meinem Puls von 42 schon eine Spritze mit irgendwas leckerem aufgezogen und schaute etwas besorgt. Ich hab ein großes Herz, Mann!
Was in so einem Krankenhaus nervt, ist dieser ganze Papierkram und die Fragen, wenn man eigentlich andere Sorgen hat. Und dann auch noch die Blicke der Menschen, die Nachtschicht haben und kurz vor Feierabend noch einen reinbekommen – was mir ensthaft leid tut und ich mir auch anders vorgestellt hätte. Noch nerviger sind aber unnötige Diskussion und Belehrungen. So verneinte ich die Frage nach dem „Helm“ bei der Interviewrunde wahrheitsgemäß und beiläufig, was sofort vorwurfsvoll gegen mich verwendet wurde. „Wie können Sie ohne Helm fahren?“ und „was alles hätte passieren können!“ und es wäre sicher noch weiter gegangen, hätte ich nicht den Wind aus den Segeln genommen, indem ich meinen gebrochenen Arm hochhielt, mit den Worten „sehnse selber, oder?“. Immerhin, ein ertapptes Lächeln der Krankenschwestern tief in der Nacht sorgte für allgemeine Erheiterung sowohl bei den arbeitenden Menschen, als bei den Leidenden. Diskussion beendet.
Die Klinik in der ich war, war tatsächlich spezialisiert auf Handchirurgie, ich sollte also in besten Händen sein. Dachte ich zumindest. Volker, ein Freund und der Arzt der Produktion, bei der ich arbeitete und seitdem auch mein Arzt für chirurgische Sachen, war guter Dinge, daß ich mit meinem Heimtrainer das Nürburgring Event in rund 5 Wochen würde fahren können. Ich war zwei Tage später wieder beim Job und ließ mich feiern. Ich war guter Dinge.
Es kam alles anders. Nach zwei Wochen kam der Gips ab (der Bruch, eine Galeazzi-Fraktur, wurde mit einer schicken Titanplatte geflickt) und die Hand war ein geschwollenes Etwas. Schmerzen hatte ich permament, Schmerzmittel waren mein täglicher Begleiter. Den Heimtrainer habe ich einmal versucht, vor dem TV während die „Tour de France“ lief und schnell gemerkt, daß ich den linken Arm zum Abstützen brauchte. Das ging irgendwie auch nicht gut. Dann also untrainiert zum Nürburgring, genügend Grundlage hatte ich ja und Willen sowieso.
Letztlich wurde mir nur schleichend klar, daß die Sache etwas langwieriger werden würde, als gedacht (und erhofft). Die Schwellung von Hand und Gelenk wurden eher noch schlimmer, als besser und ich war Stammgast in diversen Apotheken – der Nachschub an mittlerweile immensen Mengen Schmerzmitteln musste gesichert werden. Eine zusätzlich hinzugezogene Koryphäe unter den Handchirurgen brachte dann die leidige Erkenntnis, dass hier noch mehr anstand als ein profaner (Achtung, Radfahrergag!) Speichenbruch am linken Arm: „da ist bei der OP wohl was schief gelaufen“ meinte er, erläuterte mir am Röntgenbild, daß der Knöchel nicht sauber im Gelenk stand und stellte zudem eine zirkulatorische Störung fest. „Morbus Sudeck, googlen sie das mal!“. Das machte ich abends auch und dann wurde mir schlecht.
Recht panisch saß ich am nächsten Morgen bei Volker. Was denkst Du, wenn Du eine Krankheit hast, bei der es Selbsthilfegruppen und Selbstmordraten gibt? Ich, seltsamerweise, nicht viel. Den Nürburgring hatte ich abgehakt, aber ich überlegte durchaus, wann ich wieder ordentlich auf dem Rad sitzen könnte. Hier kommt der Punkt, an dem ich Euch nicht mehr sehr ausführlich berichten werde (das ist ja immernoch ein Fahrradblog!). Nur soviel: wenn es übel läuft, dann richtig! Zum „konstanten regionalen Schmerzsyndrom“ (CRPS) kam noch eine Kalkschulter (Impingement Syndrom) und irgendwas am Fuß (ich weiß nicht mehr, wie’s heißt) und im Herbst: Herzrhythmusstörungen. Jetzt weiß ich, warum ein Leistungssportler (kardiologisch laufen Breitensportler wie ich tatsächlich unter „Leistungssport“) abtrainieren und seinem Herz etwas zu tun geben muss, was ich dermaßen eingeschränkt nicht oder nur kaum tat, bzw. tun konnte.
Ich mache es kurz: wie Volker mir sagte, passiert wirklich „viel im Kopf“ und für mich war immer klar, daß ich positiv denken und nach vorne schauen muß, was ich auch tat, auch wenn das sehr oft schwer fiel. Die ersten -sehr eingeschränkten- Radtouren waren gleichermaßen Genuß wie Erleichterung. Mittlerweile bin ich -auch wenn es langwierig war- wieder körperlich recht hergestellt und auch in der Lage wieder lange Touren, jenseits der 200km zu fahren. Wenn auch wesentlich langsamer als zuvor, was zum einen nervt und am Ego kratzt und zum anderen auch für eine Suche nach neuen Trainingspartnern sorgt. „Social Riding“, d.h. auf die Schwachen achten, ist nicht jedermanns Sache, das mußte ich leider feststellen. Ich habe immernoch einen leichten Schmerz/Druck in der linken Hand, bin aber schon lange komplett frei von Schmerzmitteln. Der Moment vor einem dreiviertel Jahr, als ich das erste mal nach 1,5 Jahren wieder eine Faust ballen konnte, war ein großartiger und selbst wenn ich noch etwas eingeschränkt bin, wenn die Hand so bleibt, dann kann ich damit leben. Eine Karriere als Gitarrist oder filigraner Zahntechniker habe ich weiterhin nicht geplant. Und die Form kommt so langsam, auch wenn es lange dauert (für einen ungeduldigen Jungspund für mich natürlich: zu lange! Und 6-7 Kilo müssen auch noch wieder runter! 😉 )
Ein dann doch verkehrspolitischer Absatz sei mir heute erlaubt: es gibt auf den ersten Blick keinen „Schuldigen“ an meinem Unfall, außer einem Idioten, der es nicht für nötig gefunden hat, sein Fernlicht auszuschalten. Dennoch: ich empfinde viele der außerorts angelegten Radwege (die z.B. vom ADFC gefordert und gefördert werden) als nicht wirklich optimal. Neben der ausschließlich zum Nachteil ausgelegten Vorfahrtsregelung an Kreuzungen (von mangelhaften baulichen Zuständen komplett abgesehen) ist das vor allem das Höhenniveau: achtet nachts mal drauf, auf welchen Wegen sich Euer Kopf auf der Höhe der Scheinwerfer der Kfz befindet und ihr somit potentiell geblendet werdet. Besonders schlimm ist dies dann bei Nässe auf linksseitig geführten „Radwegen“. Da braucht es durch die Spiegelungen auf der Fahrbahn gar kein Fernlicht mehr für einen „Blindflug“. An sicheres Vorankommen ist hier nicht zu denken. Selbstredend: der Kraftfahrer, der mich geblendet hat, wurde nicht gefunden. Er wurde -trotz meiner Anzeige- noch nicht einmal gesucht, es gab zumindest keine Pressemitteilung mit Zeugensuche der zuständigen Polizei Karlsruhe. Ein Beamter rief mich allerdings an, er verstand den Link zur geauen Unfallstelle auf Google-Maps nicht. Wahrscheinlich tippt der die PM grad in seine Schreibmaschine ….
Noch mehr private Pausen – Teil 2 Nach dem ganzen Abfuck hatte die bloglose Zeit dann aber auch noch andere, ganz und gar positive, erfreuliche, ja fast schon euphorische Gründe: ich bin kein Kölner mehr! Nunja, „Kölner“ war ich eh nie, eher ein Immi, der 25 Jahre in der Stadt gelebt und sie geliebt und auch ein wenig gehasst hat. Nicht ganz aus heiterem Himmel, aber doch recht kurzfristig und fix, hat es mich ins wunderschöne Bergische Land gezogen – ins krasse Gegenteil des lebendigen Köln-Mülheims, in ein kleines Dorf bei Much. War ich es früher gewohnt, nachts die quietschenden Reifen der Autoposer (die die Polizei nie finden wollte, wenn man sie darauf ansprach) auf der Frankfurter Straße und den Fluglärm der fast direkt über die Häuser bretternden Flieger zu hören (und das übrigens noch als verhältnismäßig ruhig zu empfinden), höre ich jetzt wenn ich ins Bett gehe: nichts. Und ein paar Pferde. Und ein paar Schafe. Und besonders im Frühjahr einen Haufen Vögel. Dieser Tage hat nachts ein Schaf alle 20 Sekunden verhältnismäßig laut (ich glaube, es war ausgebüxt und fand nicht zurück) geblökt und ich konnte ernsthaft erstmal nicht einschlafen! War das laut! Dazu kommt: Dunkelheit! Hier gehen um 0:00 Uhr die Straßenlaternen aus und wer das nun provinziell findet, der kommt mal vorbei und schaut sich einen sternenklaren Nachthimmel an! Es gibt tatsächlich mehr als ein paar Sterne in der Mitte des Nachthimmels – Stichwort: Lichtverschmutzung. Unser Dorf hat wohl so rund 70 Einwohner (und sicher mehr Tiere!), eine Kirche, eine Kneipe, eine Kita und ich liebe es hier seit dem ersten Tag! Hier machen andere Urlaub und ich kann das verstehen! Ach, und zwei Dörfer weiter wohnt ein „Vuelta à Espana“ Sieger und er ist mit meiner Nachbarin befreundet! Kann also sein, daß ich „Le Loop“mal zufällig vor der Tür treffe ;-).
Und da liegt also auch der rein praktische Grund der langen Pause: ich habe den Rest des Jahres 2018 und viel von 2019 (und derzeit eigentlich auch noch) damit verbracht, das Heim herzurichten. Ein Umzug mit vielen Fahrrädern und ganz viel Zeugs, das sich über 15 Jahre in einem Haus ansammelt, will gestemmt werden. Das alte Haus leer machen und übergeben, das neue einrichten, sich einleben – das alles dauert und somit sind die Prioritäten eben anders gesetzt.
Fahrradtechnisch habe ich einerseits das große Los gezogen, denn für Radsportler wird es hier oben erst richtig, richtig gut! Ich rolle aus der Einfahrt und bin quasi „auf der Strecke“. Wen’s interessiert: meine kurze, knackige Hausrunde hat auf ~50km ca. 1200 Höhenmeter. Je nach Tageszeit treffe ich auf 20 Kfz, trotzdem ich komplett asphaltiert unterwegs bin. Man kann sich hier platt fahren, wenn man will – und die Bewirtung in den Landgasthöfen ist auch nicht zu verachten. Ja, es ist ein Traum!
Andererseits: „mal eben“ aufs Rad und irgendwo hin ist … schwierig. Das fängt bei alltäglichen Dingen an, der nächste Supermarkt ist ~5km entfernt (das waren früher 50m) und es geht bei beruflichen oder privaten Reisen weiter. „Mal eben“ nach Köln will überlegt sein, das sind 40km und hat dazu -trotzdem es ja eigentlich „runter“ geht- wegen zweier Hügel 400 Höhenmeter. Und das ist nur der Hinweg. Muss ich beruflich nach außerhalb, hatte ich es früher 300 Meter zum Bahnhof mit RE Anschluß, nun muß ich das planen und bin auf einen Verkehrsmix angewiesen. Und: ich habe mir letztes Jahr tatsächlich -das erste mal in meinem Leben- ein Auto gekauft! Ich kenne jetzt also auch die „andere Seite“ und habe da schon einiges erlebt (und verstanden), das wird definitiv noch einen eigenen Artikel geben. Ein Radfahrer gefangen in einer Blechkiste oder so!
Ich bin aber nicht „von Köln weg“, ich habe dort noch genügend zu tun, aber ich muss mir natürlich Gedanken machen, ob und wie es mit diesem Blog weitergeht: Ich werde nicht (und will das auch nicht) wie früher in hoher Frequenz über Kölner Radverkehrspolitik berichten können, dafür bin ich -neben dem Mangel an Zeit- zu weit entfernt. Andererseits: die großen und tiefgehenden Berichte können weiterhin recherchiert und geschrieben werden, denn dafür muß man nicht zwingend immer und direkt vor Ort sein können. Zudem heißt dieser Blog „Radfahren in Köln und Umgebung“ und da gehört mein neuer Wohnort ja noch dazu. Der Blog ist jetzt auch erreichbar unter „http://www.radfahren-in-much.de“, wer weiß also was noch passiert und vielleicht findet ja auch das ein oder andere rein touristische Thema Anklang – zu berichten über schöne Touren gibt es hier „oben“ jedenfalls genug.
Falls in der Stadverwaltung, bei Polizei & Co. jetzt die Sektkorken knallen: zu früh gefreut! Das heißt ganz sicher nicht, daß ich nicht mehr aktiv sein werde und außerdem: ich hab da noch so ein schönes Archiv an unveröffentlichten Geschichten aus dem Amt 666: Frau S., die auf Anfrage nach einer sinnlosen Beschilderung nicht möchte, daß „hier Radfahrer fahren“, Frau B., die mir in der Antwort auf eine Anfrage unverblümt mit der „Rechtsabteilung der Stadt Köln“ droht, wenn ich ihren „Namen im Internet nenne“ und natürlich Herr H., über den gibt es immer ein paar feine Geschichten. Mal gucken.
Die Problematik der gegen die Fahrtrichtung fahrenden Radfahrer ist in Köln (und sicher auch anderswo) keine neue, genauso wie die Tatsache, daß (viel zu) viele Radfahrer auf Gehwegen fahren, wo sie andere und sich selbst in Gefahr bringen – vermutlich, weil sie Angst haben, mit ihrem Fahrzeug am „richtigen“ Verkehr teilzunehmen.
Neu ist jedoch, wie nun dagegen vorgegangen wird. Seit ich aktiv bin, fast eine Dekade, sind die Behörden -Stadtverwaltung und Polizei- nicht fähig und/oder willens etwas gegen Geisterfahrer zu unternehmen, im schlimmsten Fall fördern sie diese sogar noch.
Auf der Mülheimer Brücke, schon immer ein Hotspot für Geisterfahrer, über den ich regelmäßig berichtete, werden dann und wann Geschwindigkeitskontrollen des Kfz-Verkehr durchgeführt. So auch vor einigen Wochen. Bei meiner Überfahrt der Brücke begegnete ich 6 Geisterfahrern, einem davon -man kann durchaus von einem Beihnahezusammenstoß sprechen- direkt vor den Augen der Polizisten, was mich veranlasste, anzuhalten und sie zu fragen, ob sie da nicht mal tätig werden könnten (sie hatten den Vorfall tatsächlich beobachtet).
Die Antworten -ich erwartete die übliche Ausrede, „wir haben hier anderes zu tun“- verblüffte mich dann einigermaßen: „wir führen ja bereits eine Strichliste!“. Und weiter: „die Kölner Fahrradverbände halten das aber für Abzocke, wenn wir hier Radfahrer verwarnen, deswegen machen wir das nicht“.
Nun ja, selbst wenn es im Kölner ADFC vereinzelt Leute und Meinungen gibt, die Gehweg- und Geisterradeln in bestimmten Situationen durchaus propagieren, kann man fest davon ausgehen, daß -ich bot eine Wette mit dem Einsatz einer „guten Flasche Rotwein“ an- bei Geisterfahrerkontrollen auf der Mülheimer Brücke kein „Radfahrerverband“ von „Abzocke“ sprechen würde, im Gegenteil. Zudem war mir neu, daß die Kölner Polizei tatsächlich auf Radfahrer hören würde, in der Vergangenheit tat sie das zumindest höchst selten bis generell gar nicht.
Was die Strichliste denn richten solle, fragte ich selbstverständlich noch. „Dann wissen wir, wieviele Radfahrer hier gegen die Fahrtrichtung fahren!“, teilte man mir mit. Das ist in dem Sinne höchst interessant, als daß man das in der Verkehrsdirektion der Kölner Polizei eh weiß. Schließlich wird sie immer und immer wieder darauf hingewiesen und das gescheiterte „Sicherheitsbündnis“ Velo 2010 unter Führung der Kölner Polizei hatte vor rund 10 Jahren dort bereits eine Fahne als Warnung vor dem Unfallschwerpunkt mit der Anzahl der bis dahin getöteten Radfahrer (2) durch Geisterfahrerunfälle aufgehängt. Nun gut.
Ein paar Tage später las ich dann, daß der ADFC Köln zusammen mit der Kölner Polizei „auf Streife“ gehen würde, um Geisterradler auf den Kölner Rheinbrücken auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen. Eine kumpelhafte Art, „auf Augenhöhe“ sozusagen, die bei Radfahrern wohl für Verständnis sorgen sollte, handelt es sich bei den Ahndenden doch schließlich um die Ihrigen. Entsprechend gab es auch keine Bußgelder, sondern … Warnkärtchen! Der Grundschüler und der Pädagoge kennt das vielleicht noch. Aus dem schicken Rheinboulevard könnte man bestimmt auch eine schicke „stille Treppe“ machen.
Nun ja, prinzipiell finde ich den Gedanken ja gar nicht verkehrt, ABER ich stehe -auch aus eigener Erfahrung- tatsächlich auf dem Standpunkt, daß die allermeisten Sünder letztlich nur auf Dauer einsichtig sind, wenn es ihnen an die Geldbörse geht. Ohne wenn und aber. In diesem Sinne muss ich auch meine Einleitung revidieren, denn ganz so neu ist diese Art der Kooperation doch nicht, bereits anfang der 2000er Jahre gab es solche Partnerschaften, man bemerkte, daß „das Fahren entgegen der Fahrtrichtung auf dem Radweg […] kein Kavaliersdelikt“ ist, sondern „ein erhebliches Gefahrenpotential für alle Verkehrsteilnehmer“ in sich birgt und von einer „eklatanten Rücksichtslosigkeit“ zeugt. Das Resumee der dritten Aktion im Jahre 2002 von Polizei, Stadt Köln und ADFC im Rahmen der Ordnungspartnerschaft liest sich dann so:
Bei den Aktionen im Rahmen der Ordnungspartnerschaften spricht die Polizei keine gebührenpflichtigen Verwarnungen aus, sondern versucht es mit Appellen an die Einsichtsfähigkeit der ertappten „Sünder“. Das scheint kaum jemanden zu beeindrucken. Wahrscheinlich kann ein Effekt erst erzielt werden, wenn „et an de Nüselle jeit“.
Wer das –mein Reden!– sagt? Nun ja, einer der Ordnungspartner selbst, der ADFC Köln. (Quelle: „FahrRad!„, Mitgliederzeitung des ADFC, Ausgabe 2/2002, Seite 12)
In diesem Sinne wünsche ich viel Glück, daß diese Aktionen Erfolg haben (was mich tatsächlich sehr freuen würde, immerhin wurden insgesamt 243 Geisterfahrer dingfest gemacht!), mag da aber auch nicht so ganz dran glauben. Was mich aber doch noch interessieren würde: bei der Aktion musste ja zwangsläufig Infrastruktur begutachtet werden und diese lädt nicht nur oftmals zum Geisterradeln ein, bzw. verwirrt durch unklare Führung, sondern ist in vielen Fällen als jahrzehntelange Altlast illegal, nämlich als benutzungspflichtig angeordnet, bzw. wird oft genug sogar noch aktuell angeordnet (aktuelles Beispiel folgt in einem zukünftigen Artikel). Begutachteten die Beamten also Radverkehrsanlagen, wie es gemäß VwV-StVO zu §45.9 (qualifizierte Gefahrenlage), bzw §2.4 (Maße, Beschaffenheit, Führung, etc.) „bei jeder sich bietenden Gelegenheit“ ihre Pflicht ist?
Ganz richtig schreibt die Polizei in ihrer Pressemitteilung zu der Aktion ja treffend: „Zu enge Radwege für den Begegnungsverkehr, eingeschränkte Sicht durch Hindernisse und gefährliche Ausweichmanöver, wenn ein Radfahrer unerwartet entgegenkommt, führen zu schweren Unfällen.“, während die Stadtverwaltung Radfahrer aber über genau solche „Infrastruktur“ schickt. Natürlich frage ich bei der Poliezi mal nach, was bei ihrer Begutachtung herausgekommen ist.
Die Grafik auf den Warnkärtchen ist übrigens keine Kölner Erfindung, wie es teilweise dargestellt wurde, sondern wohl eine der Verkehrswacht Regensburg. Vergleichbare Aktionen gab es schon vor Jahren in Süddeutschland, mit dem Ziel „präventiv zu wirken„. Ob dies dort gelungen ist, ist mir nicht überliefert, aber wohl durchaus zu bezweifeln.
Für manche ist es wichtig, für andere (wie für den Verfasser dieser Zeilen) eher weniger: die regelmäßig gestellte Frage, „wieviel Radfahrer sind denn mitgefahren?„. Und damit verbunden seit einiger Zeit auch immer wieder die hoffnungsvolle Aussage, „vielleicht knacken wir ja dieses mal die 1000!?“ Ich erinnere mich noch sehr gut, als wir damals mit 20 Radlern losgefahren sind (und mit 30 zurück kamen) und wie es über die Monate immer ein wenig mehr (im Winter massiv weniger) wurden, bis es quantitativ dann nach rund zwei Jahren exponentiell nach oben ging, mit dem vorläufigen Höhepunkt in 2015 (in allen Belangen!). Mittlerweile ist die Critical Mass etabliert (quantitativ und qualitativ) und wirklich eine bedeutende Masse, Hort der Lebensfreude und für Ideen oder einfach nur schöner Fahrräder. Und auch regelmäßig ein Hotspot für die Presse – wo bekommt man sonst solche Bilder? Bestenfalls noch mit Weltkulturerbe im Hintergrund?
Ich selbst konnte gestern ganz entspannt sein, denn ich konnte/wollte/durfte wegen eines gebrochenen Arms nicht Rad fahren, wurde aber vom lieben Reinhold auf einem Lastenrad kutschiert (was meinem vom Sturz grün-blau-geprellten Hintern auch nicht grad gut getan hat) und genoß die 3stündige Fahrt im Schneidersitz aus ungewohnter Perspektive, in Kniehöhe. Pünktlich ging es los, links- und rechts- und wieder linksrheinisch. Viele Haupstraßen und auch ein paar kleinere Züge durch die Veedel, das Wetter hielt -bis auf einen Schauer in Kalk- und ein Höhepunkt war sicher die rote Ampel im Arenatunnel, als sich gaaaaanz viele Radler die Wartezeit mit rhythmischem Klatschen verkürzten. Aber, wieviele waren das denn eigentlich?
Nun denn, irgendjemand zählt immer und kurz nach dem gestrigen Start waren es an den Ringen noch rund 950 Radfahrer und etwas später, am Rheinufertunnel, wurden dann 1020 fröhliche Menschen auf Fahrrädern gesichtet.
Pünktlich zur Jubiläumsfahrt, 7 Jahre Critical Mass Köln, ist es also endlich passiert: wir haben die Eintausend geknackt!
Viel wichtiger (zumindest für den Verfasser dieser Zeilen) als die Quantität, ist allerdings die Qualität der Critical Mass: das (gefühlte) Minimalaufgebot der Polizei (vermutlich mussten die schon alle zu TdF/G20, etc.) zeigt hoffentlich: „wir brauchen weder begleitet, noch ‚beschützt‘ zu werden!„, das klappt bestens ohne Euch! Also, liebe WachtmeisterInnen, fahrt doch einfach mal unbewaffnet, privat und in zivil mit!
Ansonsten: massigst ‚High Fives‘ von zum größten Teil sehr entspannten Kraftfahrern, jede Menge Passanten, die -manche verschämt, andere ganz offen- tolle Motive für Fotos und Handyvideos vorfanden, KVB-Fahrer, die aus ihren Bussen ausstiegen und sich grinsend eine kleine Auszeit -Zigarette oder nicht- nahmen und uns anfeuerten – immerhin fuhren ja auch einige KVB-Leihräder mit 🙂
Anwohner, die erstaunt aus ihren Fenstern guckten, woher plötzlich diese 10minütige Ruhe in ihrer Straße kam, so ganz ohne den üblichen Lärm der Autos. Menschen aus Cafés, Kneipen und Biergärten, die oftmals geneigt waren, uns ‚einen auszugeben‘ – manchmal machen kleine Dinge eine Stadt so richtig lebenswert.
Danke an jeden Kraftfahrer und Fußgänger, der ein paar Minuten Wartezeit für eine friedliche Meute in Kauf genommen hat und sorry an die paar wenigen, die trotzdem gemeckert haben.
Am 28. Juli 2017 geht’s weiter, wie immer: 17:30 Uhr am Rudolfplatz.
Hiermit kündige ich mit sofortiger Wirkung meine Mitgliedschaft im ADFC.
Ich entziehe Ihnen hiermit, mit sofortiger Wirkung, die von mir erteilte Einzugsermächtigung für mein Konto bei der Sparkasse Köln-Bonn.
Ich stehe außerdem, wie bereits mitgeteilt, dem Ortsverband Köln nicht weiter als Tourenleiter zur Verfügung und bitte darum, falls noch nicht geschehen, alle von mir angebotenen Touren aus dem Programm zu nehmen.
Die von mir erteilte Genehmigung, ohne weitere Nachfrage von mir angefertigte Fotografien, aus meinem Weblog, sozialen Netzwerken, oder ähnlichem zu benutzen, widerrufe ich hiermit.
Zur Begründung der Kündigung meiner Mitgliedschaft, möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich vom ADFC nicht mehr vertreten fühle. Insbesondere die Mitwirkung des ADFC an der letzten Novelle der Straßenverkehrsordnung kann ich nicht durch meinen Mitgliedsbeitrag unterstützen.
Ich nutze das Fahrrad als tägliches und hauptsächliches Verkehrsmittel und sehe insbesondere die Vereinfachung für Stadtverwaltungen, Radstreifen innerorts auch ohne qualifizierte Gefahrenlage anzulegen (die in meiner Stadt ausschließlich in Mindestbreite, wenn überhaupt, bemessen werden), so wie die Vereinfachung für Verwaltungen, Radwege außerorts als benutzungspflichtig zu deklarieren, als Bärendienst für Menschen, die das Fahrrad als tägliches Verkehrsmittel und nicht nur für Strecken zwischen 3-8 km benutzen.
Da ich annehme, dass Sie meine Ausführungen im Detail nicht sonderlich interessieren, reiße ich diese nur kurz an:
Separation innerorts sorgt ausschließlich für Verdrängung des Radverkehrs auf schmale Wege, beziehungsweise für Spurdenken der Kraftfahrer, die zum Beispiel auf Schutzstreifen und Radstreifen mit geringem Abstand überholen.
Separation außerorts, insbesondere, wenn Radwege in Gegenrichtung geführt werden, sorgt unter anderem dafür, dass ich als Radfahrer, besonders in der nassen und kalten Jahreszeit, geblendet werde. Anekdote am Rande: ich schreibe Ihnen diese Zeilen mit einem gebrochenen Unterarm, da ich vor einer Woche einen Unfall durch genau solch eine Situation -einen Kraftfahrer, der mich (auf dem Radweg) mit Fernlicht blendete, worauf ich im „Blindflug“ stürzte- erlitt.
Ich halte den ADFC, aufgrund der Mitarbeit an der Änderung der Gesetzeslage und dem Feiern der Novelle als „Erfolg“ per Pressemitteilung (http://www.adfc.de/presse/pressemitteilungen/stvo-novelle-bringt-verbesserungen-fuer-radverkehr) nicht für befähigt, Radverkehr als gleichberechtigte Alternative zum Kraftfahrzeug zu vertreten. Ich sehe den ADFC eher als touristische Vereinigung, was ich generell vollkommen in Ordnung finde, ihn aber in meinen Augen nicht befähigt, verkehrspolitische Entscheidungen mitzutragen. Dies möchte ich also in keinem Falle weiter unterstützen.
Sollten Sie auf meine Ausführungen antworten oder in eine detailliertere Diskussion einsteigen wollen, dann sehen Sie dieses Schreiben bitte als offenen Brief, den ich entsprechend in meinem Weblog behandeln werde.
Mit freundlichen Grüßen,
Marco Laufenberg
P.S.: weil es gefragt werden wird, bzw. schon gefragt wurde: dieses Schreiben darf gerne als Vorlage zur Kündigung der ADFC-Mitgliedschaft genutzt werde. Die richtige e-Mail-Adrese ist: mitglieder@adfc.de
Ich mache in diesem Blog ja recht wenig „Werbung“ für Initiativen, Fahrradteile, Kleidung oder anderes (obwohl es da immer wieder Anfragen für gibt), möchte hier aber mal explizit auf eine Website hinweisen. Nicht nur, weil ich dort zu sehen (und zu hören) bin (im Gegenteil: ich bin einer von den Menschen, die ihr Gesicht selber nicht so gut sehen können, auch wenn ich tatsächlich zum Teil in der Öffentlichkeit stehe), hiermit also der explizite Hinweis auf das crossmediale Projekt des Jahrgang 2015 der Kölner Journalistenschule, „Sattelpunkte„.
Die Studenten (übrigens in natura allesamt sehr freundlich und wissbegierig) erarbeiten detailliert und dennoch gut verständlich und in angenehmer Kürze, die Probleme, Pläne, Konflikte & Visionen des (Rad)Verkehrs in der Großstadt Köln. Mir gefällt besonders, daß die Thematik insgesamt unaufgeregt und sehr sachlich (aber dennoch mit Pep!) angegangen wird – eine Ruhe, die ein „Fahrradaktivist“ vermutlich meist nicht (mehr) hat.
Ein paar Kleinigkeiten hätte ich mir ausführlicher vorstellen können, z.B. den Beitrag über die Critical Mass, aber das schmälert ganz sicher nicht die Güte dieses Projektes! Gut gemacht, Mädels & Jungs!